Europaweite Videoüberwachung an Schlachthöfen und Dokumentation


Guest

/ #1320

2013-11-05 17:29

Gesendet: Samstag, 02. November 2013 um 22:02 Uhr
Von: "Klaus Hamper"
An: landesbischof@evlka.de
Cc: redaktion@waz-online.de, redaktion@aller-zeitung.de, lasup.lueneburg@evlka.de, breuing@egv-erzbistum-hh.de, conrad@egv-erzbistum-hh.de
Betreff: Landesbischof im Schweinestall

Sehr geehrter Herr Landesbischof Meister,



vor gut zwei Wochen habe ich die untenstehende Mail (samt angehängter Anlage) an den Ihnen nachgeordneten Landessuperintendenten Rathing geschickt. Eine Antwort darauf hat der Herr Landessuperintendent nicht für nötig erachtet. Vorgestern gelangte mir der angehängte Artikel in der Wolfsburger Allgemeinen über Ihren ähnlich gearteten Besuch in einem Schweinestall in Uelzen zur Kenntnis (Danke, Herr Weilharter). Gestatten Sie mir dazu ein paar Anmerkungen.



Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass es sich bei beiden öffentlichkeitswirksam inszenierten Aktionen um eine geplante Initiative handelt, mit der sich die evangelische Kirchenleitung bei Ihrer landwirtschaftlichen Ur-Klientel in Erinnerung rufen will. Die Bauern sind in der gesellschaftlichen Diskussion wegen der tierquälerischen industriellen Massentierhaltung – völlig zu Recht – in schweren Verruf geraten. Die Kirche, nicht nur die katholische, sondern auch die evangelische, hat mit einem substanziellen Mitgliederschwund zu kämpfen. Was liegt da also näher, als zu versuchen, althergebrachte Allianzen neu zu beleben? Leider sind die von Ihnen dafür genutzten Mechanismen mangelhaft, weil unglaubwürdig und daher kontraproduktiv. Lassen Sie mich dazu einzelne Punkte des Artikels, den Sie, wenngleich nicht selbst geschrieben, so doch sicher abgesegnet haben, aufgreifen.



Ihnen fällt also beim Betreten des Schweinestalls des „tierfreundlichen“ Mästers Karl Harleß ein beißender Ammoniakgeruch auf. Sie fragen sich aber offensichtlich nicht, was es damit auf sich hat. Ich darf es Ihnen erklären: Die Schweine stehen auf Spaltenböden permanent über ihren eigenen Ausscheidungen (vulgo „Gülle“ oder euphemistisch „Wirtschaftsdünger“ genannt). Schweine sind – vor allem olfaktorisch - hochsensible Lebewesen. Wenn Ihnen der beißende Ammoniakgeruch bereits bei einem kurzen Besuch auffällt, was meinen Sie, was die Schweine in Ihrem kurzem Leben permanent erdulden müssen? Es ist bekannt, dass fast alle Mastschweine wegen der Ammoniakbelastung an schweren chronischen Lungenerkrankungen leiden. Stellen Sie sich doch einfach einmal vor, Sie müssten Ihr Leben in einem – auch von anderen stark frequentierten – Plumpsklo (ohne Deckel) verbringen. Dann hätten auch Sie keine Berührungsängste mit eventuellen Besuchern, sondern immer nur die Hoffnung, dass man Sie aus ihrem unsäglichen Elend befreit. „Gut gelaunt“ wären Sie aber auf keinen Fall.



Die Aussage, dass der Mäster Harleß und seine Gesine die Schweine „besonders gut“ behandeln, ist peinlich. Denn dass das Schweineplumpsklo mal gerade ein bisschen größer ist als gesetzlich vorgeschrieben, ist ein grotesker Witz. Und das von Familie Schweinemäster bereitgestellte „Spielzeug“ wollen und brauchen die Tiere nicht. Damit können sie nämlich nichts anfangen. Weder sind Schweine Verwandte der Biber oder Ratten, die gern an Holz nagen, noch brauchen sie Seile, Bälle oder Gummimatten. Das einzige, was Schweine wollen und zu einem artegerechten Leben brauchen, sind Auslauf, frische Luft, eine Suhle und Stroh zum Wühlen.



Sie persönlich wollen sich also an dieser potjemkinschen „Tierwohl-Aktion“ durch eigenen Konsum eventuell auch beteiligen. Und der Besuch in diesem minimal besseren Schweine-KZ hat Sie also – leider nur positiv - „beeindruckt“. Da sollten wir uns doch einmal gemeinsam die Frage stellen, ob es wirklich das Problem ist, dass Sie bei Ihrem nächsten Termin „nach Schweinestall“ riechen könnten. Ich sehe vielmehr die Gefahr, dass Sie nach Bigotterie und Unglaubwürdigkeit riechen. Denn die Eingangsbemerkung des Artikels, dass Ihnen „glückliche Ferkel“ vorgestellt wurden, die nach einem „Wohlfühlprogramm (!) zur Schlachtbank geführt werden“, ist keinen Deut besser als das historische Motto einer vergleichbaren Einrichtung, welches da lautete: „Arbeit macht frei“ - auch wenn das politisch nicht korrekt, aber dennoch adäquat ist.



Herr Landesbischof Meister, ich bitte Sie, gehen Sie in sich, befragen Sie Ihr Gewissen, ob Sie diese Lügengeschichten der Agrarindustrie und Ihrer willfährigen Helfershelfer wirklich mittragen wollen. Kehren Sie um, bereuen sie und tun sie Buße, entweder durch eine Gegendarstellung zu dem peinlichen Artikels der Redakteuse Gabriele Neumann, die entweder Teil des verlogenen Tierqual-Systems ist oder es mangels Empathie nicht besser weiß und kann, oder durch einen Aufruf Ihrer Kirche zum Fleischverzicht, wie es Ihr katholischer Hamburger Bischofskollege Thissen bereits vorgemacht hat (http://www.domradio.de/nachrichten/2012-10-09/misereor-bischof-thissen-fordert-fleischverzicht). Denn auf die finale Erlösung durch Ihren Gott dürfen auch Sie nur hoffen, wenn Sie das Wort des großen Christian Morgenstern beherzigen: „Wehe den Menschen, wenn nur ein einziges Tier in Gottes Weltgericht sitzt“.



Für eine Stellungnahme wäre ich Ihnen dankbar.



Mit freundlichen Grüßen



Prof. Dr. Klaus Hamper - Am Schützenplatz 6 - D-21261 Welle 891371 - k.hamper@t-online.de



PS: Wir befinden uns mitten in einer Periode des großen Artensterbens, dennoch sind die meisten Menschen blind dafür. Sie sind so beschäftigt mit ihrem trivialen Zirkus, den anthropozentrischen Zeitvertreiben, Sport, Kunst, Klatsch, Politik, Wein, Essen und Unterhaltung. Die Menschen fiedeln, während die Erde brennt. Captain Paul Watson, www.seashepherd.de



PPS: An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert. Erich Kästner, Das fliegende Klassenzimmer