Europaweite Videoüberwachung an Schlachthöfen und Dokumentation


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2014-01-05 12:19

Für den Journalisten Manfred Karremann ist das Wohl der Tiere ein wichtiges Anliegen. Bereits als 12-Jähriger setzte er sich für die Rechte der Tiere ein und gründete einen Tierschutzverein. Der Anlass war ein Bild von Käfighühnern. „Das hat mich als Kind schon zornig gemacht, und das war ein Auslöser, dass ich gesagt habe, man kann so nicht mit Tieren umgehen.“
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/codebase/jsp/lyt1024/module/video.jsp?redadir=/tv/tieresucheneinzuhause/&dslSrc=http://hdflashwdrgundl2-f.akamaihd.net/z/CMS2010/mdb/27/273579/,273579_2604726,273579_2604727,.mp4.csmil/manifest.f4m&offset=2551&overlayPic=/tv/fsstd-technik/codebase/img/_dc.gif&autoPlay=true&autoCount=true&red=fsstd-tv%2Ftieresucheneinzuhause&countpath=_mdb-273579_video_tieresucheneinzuhause_manfredkarremanntierschuetzerundjournalist
Die Macht der Bilder – wie viel Realität ist Zuschauern zuzumuten?
Seitdem ließ ihn der Tierschutz nicht mehr los. Seit über 25 Jahren dokumentiert der Filmemacher die Haltung von und den Umgang mit Nutztieren. Bekannt geworden ist der Journalist mit seinen Filmen über Tiertransporte in der EU. Seit 1989 berichtet er immer wieder über dieses Thema. Bilder, die viele Zuschauer schockieren und die zeigen, unter welchen qualvollen Bedingungen Tiere transportiert werden. Oft erreichen viele Tiere nur schwer verletzt ihr Ziel, den Schlachthof, oder sterben unterwegs. In den Filmen bekommt der Zuschauer nur einen Teil der Realität zu sehen. „Wir haben sehr viel Filmmaterial, das man einfach nicht zeigen konnte wegen der Grausamkeit. Man will auch nicht, dass die Leute weggehen und sagen: Das kann ich mir jetzt gar nicht anschauen“, erklärt der Journalist.
Es sind Bilder des Grauens, für die Manfred Karremann auch einen Preis bezahlt. Manche Erlebnisse brennen sich unvergesslich in sein Gedächtnis ein. „Es sind einzelne Tiere, einzelne Blicke, die einem im Gedächtnis bleiben, auch nach 23 Jahren“, erzählt er. Zum Beispiel 1991, bei Dreharbeiten in einem Mittelmeerhafen. Die Rinder wurden jeweils mit einem Seil an einem der Hufe angebunden und dann per Kran vom Schiff verladen.„Da gab es einen Stier, den hatten sie am Seil mit einer Winde hochgezogen auf das Schiff, dann wieder aus dem Schiff geschmissen, dann das Auge ausgestochen, so ein Blick von einem Tier bleibt im Gedächtnis. Man konnte auch nichts tun, ich konnte auch nicht sagen, verkauft mir die Kuh oder so. Das bleibt im Gedächtnis.“
Bei den Dreharbeiten steht Manfred Karremann als Journalist oftmals in einem Konflikt. Er muss objektiv bleiben, um Missstände aufzudecken. Sobald er einschreiten würde, wäre der Film gefährdet. Doch einfach nur filmen und dann weggehen, kann er auch nicht. Immer wieder versucht er, einzelne Tiere zu retten. „Es gab eine Zeit, da hatten wir 177 Tiere weltweit als Patenschaften verstreut, darunter auch Hühner, die sind nicht so teuer wie Pferde oder eine Kuh.“
Ein Skandal: der Handel mit Hunde- und Katzenfellen
Auch in Asien deckte Manfred Karremann Tierskandale auf. 2005 reiste er nach China und berichtete über Pelzhändler, die Hunde und Katzen schlachten. Das Fell der Tiere landete unter falscher Kennzeichnung auch auf dem deutschen Markt und schmückte unzählige Kapuzen und Mützen. Zwei Jahre nach Ausstrahlung des Films erließ die EU ein Handelsembargo gegen Katzen- und Hundefelle.

Über ein Jahr dauerten die Vorbereitungen für diesen Film. Manfred Karremann und sein Team gaben sich als deutsche Pelzhändler aus, um vor Ort überhaupt drehen zu können. Und auch dort wollte er wenigstens einer Katze das Leben retten. Als er die chinesischen Pelzhändler fragte, ob er eine lebende Katze mitnehmen dürfte, wurden die sofort stutzig. Ein Fellhändler, der eine Katze mit nach Deutschland nehmen möchte? „Nein, nein, bei uns bringt das Glück für den Handel, wenn man ein Tier freilässt“, antwortete Manfred Karremann dem chinesischen Pelzhändler. „Das sind dann so Sachen, die fallen einem dann schnell ein, man muss es ja begründen. Man kann auf keinen Fall den Tierfreund geben in so einer Situation, wo andere Katzen schlachten.“
„Ich hatte manchmal auch Todesangst.“
Sich für die Tiere einzusetzen bedeutet, die Realität zu dokumentieren. Und das ist für Manfred Karremann oft mit einem hohen Risiko verbunden. Bei Dreharbeiten 2005 in Beirut wurde das Filmteam enttarnt und kam in Bedrängnis: Sie sollten das gesamte Drehmaterial herausrücken. Nur mit Hilfe der Polizei konnten sie entkommen. „Ich habe ganz oft richtig Angst gehabt, manchmal auch Todesangst“, gesteht der Journalist.
Schicksale am Rande der Dreharbeiten
Zum Beispiel Bangladesch im Frühjahr 2013, bei Filmaufnahmen über Ledergerbereien. Oft arbeiten hier Kinder für neun Cent die Stunde, ohne Schutz vor den hochgiftigen Chemikalien. Das Leder stammt von Kühen. In den Schlachthöfen erleiden sie einen qualvollen Tod. Lederwaren im Wert von 50 Millionen Dollar kommen jährlich aus Bangladesch nach Europa.
Während der Dreharbeiten in den Gerbereien lernte das Filmteam auch Shimu kennen. Das Mädchen erzählte, dass sie gerne Ärztin werden möchte. „Das kann man natürlich filmen und sagen: Ja schade für dich, und jetzt gehen wir wieder“, erzählt Manfred Karremann.„Oder man kann sagen: Das kostet 15 Euro im Monat, wenn das Kind Englisch lernt und zur Schule geht. Natürlich versucht man, das zu arrangieren. Die hat jetzt einen Paten, geht jetzt zur Schule und kann Ärztin werden, wenn sie will.“
Bei fast jedem Dreh passieren Dinge, die nachher im Film nicht gezeigt werden. Am Rande der Dreharbeiten in Bangladesch, auf dem Weg in eine Ledergerberei, entdeckte Manfred Karremann eine Katze. Sie lag auf einer Mauer, in der Mitte einer vielbefahrenen Straße. Selbst als Fußgänger ist es lebensgefährlich, die Straße zu überqueren. Doch statt weiterzufahren hält das Filmteam an und rettet die Katze von der Mauer. Das Tier war in einem erbärmlichen Zustand und musste zu einem Tierarzt. In Bangladesch einen Tierarzt zu finden, ist alles andere als leicht. Schließlich wurde Manfred Karremann fündig. Heute ist die Katze wieder gesund und gut untergebracht, gegen Bezahlung. In einem Land wie Bangladesch ist ehrenamtlicher Tierschutz unbekannt. „Aber das sind Sachen, die im Film im Grunde nicht interessieren. Im Film geht es um Leder, um Pelze, um Kinderarbeit, und das braucht auch seinen Raum, das heißt die Geschichten so nebenher spielen einfach keine Rolle, aber die passieren bei jedem Film.“ Der aktuelle Film zum Thema „Leder- und Pelzproduktion“ entstand in Zusammenarbeit mit der Tierrechtsorganisation PETA (http://www.peta.de/web/lederhandel.7807.html).

Mit seinen Filmen konnte der preisgekrönte Journalist viel bewirken. Etliche Gesetze wurden zum Wohl der Tiere geändert. Belehren will er die Zuschauer aber nicht. Ihm geht es um Aufklärung, um Informationen.
Autor: Jörg E. Mayer